Univ.-Prof. Dr. med. Rudolf Seufert M.Sc.
Ärztlicher Leiter des TFP Kinderwunschzentrums Wiesbaden
Sofern die Voruntersuchungen eine entsprechende Behandlung möglich machen, wird eine künstliche Befruchtung folgendermaßen durchgeführt: Nachdem es außerhalb des Körpers zur Befruchtung einer Eizelle gekommen ist, wird der entstandene Embryo in die Gebärmutter eingesetzt. Erfolgt diese Übertragung des Embryos erst in einem relativ fortgeschrittenen Entwicklungsstadium, kann sich das in besonderen Situationen vorteilhaft auf die weitere Behandlung auswirken. Eine Übertragung des Embryos bis zu fünf Tage nach der Befruchtung der Eizelle wird als Blastozystentransfer bezeichnet.
Im Verlauf einer künstlichen Befruchtung nimmt der Arzt Eizellen aus einem Eierstock (Follikelpunktion) der Frau und der Biologe befruchtet diese Eizellen im Labor in der Folge mit den Spermien des Mannes. Dies geschieht entweder durch eine In-vitro-Fertilisation (IVF) oder durch eine intracytoplasmatische Spermieninjektion(ICSI).In der Regel wird die Übertragung des Embryos in die Gebärmutter am zweiten oder dritten Entwicklungstag durchgeführt. In einigen Fällen entscheidet man sich aber auch dafür, die Embryonen 5 Tage lang außerhalb der Gebärmutter weiterzuentwickeln – bis zum sogenannten Blastozystenstadium.
Heutzutage können sich die Embryonen im Brutschrank mit Hilfe verbesserter Zellkulturmedien bis zum fünften Tag, also bis zum Blastozystenstadium, entwickeln (Blastozystenkultur). Eine „Blastozyste“ ist demnach der medizinische Fachausdruck für das Entwicklungsstadium des Embryos ca. fünf Tage nachdem die Eizelle befruchtet wurde. Dabei kann der natürliche Befruchtungsprozess als Vorbild für den Blastozystentransfer angesehen werden. Denn bei einer normalen Befruchtung im Körper dauert es ebenfalls ca. fünf Tage bis der Embryo nach seinem Gang durch die Eileiter in der Gebärmutter ankommt.
Eine Übertragung des Embryos erst am fünften Tag kann in einigen Situationen – aber nicht in allen - Vorteile für die erzielte Schwangerschaftsrate bringen. So kann durch diese späte Übertragung die Entwicklung des Embryos länger beobachtet und beurteilt werden als in einem sehr frühen Stadium. Durch diese längere Entwicklungsanalyse kann sich wiederum eine höhere Einnistungsrate ergeben – ein wichtiger Aspekt für viele Kinderwunsch-Paare und ein entscheidendes Kriterium vor allem dann, wenn nur ein einzelner Embryo in die Gebärmutter eingesetzt werden soll. Es soll aber ausdrücklich betont werden, dass die Blastozystenkultur nicht per se einen Vorteil bedeuten muss. Bei Patientinnen mit wenigen Eizellen und Eizellen mit schwierig zu schätzendem Potential kann es durchaus vorkommen, dass beim Übergang zur Blastozystenkultur eine solche nicht sicher erreicht werden kann. Um solche Situationen aber vermeiden zu können, bedarf es der umfassenden und langjährigen Erfahrung unserer Reproduktionsbiologen.
Nur ca 40 -. 50 % der befruchteten Eizellen entwickeln sich überhaupt zu Blastozysten – bei der anderen Hälfte der Embryonen kommt es vor dem Stadium der Blastozysten zu einem Entwicklungsstopp. Grund dafür können genetische Probleme sein oder auch eine Nicht-Aktivierung des embryonalen Erbguts. Zudem kann es sein, dass die Embryonen Auffälligkeiten in ihrer Form und Struktur zeigen, was Entwicklungsprobleme vermuten lässt. Befinden dich die Embryonen hingegen an Tag 3 im sogenannten 6-8-Zellstadium, dann gilt die Entwicklung der Embryonen als normal. Von einer Blastozyste wird dann gesprochen, wenn die befruchtete Eizelle am 5. Tag das Blastozystenstadium erreicht hat. Hier ist allerdings festzustellen, dass sich oft nur ca. 50 Prozent der Embryonen zu einer Blastozyste formieren.
Informieren Sie sich umfassend unter Blastozystentransfer.